Kunstpädagogischer Tag

30. September 2021
Kunstakademie Düsseldorf


Inwiefern haben sich ästhetische Erfahrungen sowie Wahrnehmungen von Materialität, Körper und Raum in den letzten Jahrzehnten verändert? Welche Rolle spielt in diesem Kontext Digitalität?

Handelt es sich bei den Prozessen fortschreitender Digitalisierung weiter Lebensbereiche zugleich um Entkörperlichungs-, Entmaterialisierungs- und Enträumlichungsprozesse oder verändert sich unser Bezug zu diesen drei Kategorien nur? Der Umgang mit Digitalem erscheint Kindern und Jugendlichen im sogenannten postdigitalen Zeitalter vielfach selbstverständlich. Doch wie verändert sich physische Präsenz im Spannungsfeld von Analogem und Digitalem? Lässt sich im Distanzunterricht eine digitale Form der Präsenz entwickeln?

Im Zentrum des Kunstpädagogischen Tages 2021 an der Kunstakademie Düsseldorf, der von der Didaktik der Bildenden Künste in Zusammenarbeit mit dem BDK durchgeführt wurde, stand im Hinblick auf diese Fragen das Ausloten des Verhältnisses des Arbeitens mit physisch präsentem Material und der Nutzung digitaler Medien und Verfahren innerhalb von künstlerischen Prozessen. Dabei ging es uns nicht um einen technisch geprägten Begriff digitaler Bildung, sondern um die Frage, wie Kunstunterricht weitergedacht werden kann, vor dem Hintergrund von Einflüssen, die Digitalität auf die Ausgangspunkte seiner Inhalte hat. Durch ein verändertes Zusammenspiel von Auge und Hand, Wahrnehmung und Erkennen ergeben sich neue Aspekte ästhetischer Erkenntnis und ästhetischer Handlungsweisen, die zu erforschen sind.

Folgende Fragestellungen wurden in den Vorträgen und in den sie begleitenden Workshops erprobt und diskutiert:

a)     Ästhetische Erfahrung und Materialumgangsweisen in Zeiten der Digitalität

  • Welche Erkenntnischancen eröffnet physisch präsentes, auch taktil erfahrbares Material im Kunstunterricht im Unterschied zu digitaler Materialität? Wie lassen sich physische und intellektuelle, visuelle, akustische und taktile Phänomene verknüpfen?
  • Welche wechselseitigen Einflüsse haben Wahrnehmungen von digitalen Medien und materiellen Objekten und wie lässt sich das Analoge im digitalen Zeitalter neu erfinden?
  • Inwiefern unterscheiden sich Medien, die auf digitalen Technologien basieren, von physisch präsenten Objekten in Bezug auf ihre ästhetische Erfahrbarkeit in Rezeption und Produktion?
  • Wie kann über Chancen, die ein gestaltender Umgang mit physisch präsentem Material im Kunstunterricht bietet, nachgedacht werden, ohne den Kunstunterricht auf eine kompensatorische Funktion zu reduzieren, ihn in anderer Weise zu instrumentalisieren oder an traditionelle Dualismen von Digitalem und Analogem anzuknüpfen? Inwiefern bietet sich in diesem Zusammenhang ein Nachdenken über emanzipatorische Potenziale ästhetischer Materialerfahrungen und die Ausbildung von Handlungsfähigkeit an?

b)     Transmedialität, Digitalität und Virtualität als Gegenstände des Kunstunterrichts

  • Wie kann Kunstunterricht jenseits eines dichotomen Verständnisses von alten und neuen Medien, digitalen Technologien und nicht-digitalen Techniken, virtueller und materieller Realität gedacht werden?
  • Welche Möglichkeiten eines kritischen und nicht-disruptiven Umgangs mit Digitalität werden in zeitgenössischen künstlerischen Praktiken erkennbar?
  • Inwiefern prägen die zu beobachtenden Transformationsprozesse nicht nur verschiedene Gesellschaftsbereiche, sondern zugleich auch die Künste als Gegenstand unseres Faches?
  • Wie kann im Kunstunterricht deutlich werden, dass Digitalisierung nicht nur Ursache, sondern auch Wirkung gesellschaftlicher und kultureller Entwicklungen ist?

c)     Digitale Verfahren und Techniken im Kunstunterricht

  • Welchen Sinn und Platz haben digitale Medien (z.B. Film-, Game- und Zeichentechniken, 3 D-Druck, CAD-Programme in Design und Architektur, Lehrfilme, Tutorials…) im Kunstunterricht und wie können sie Lehr- und Lernprozesse sinnvoll unterstützen?  
  • Warum ist physische Präsenz im Kontext sozialer Interaktionen für Lehren und Lernen im Allgemeinen und für Lehren und Lernen im Kunstunterricht im Besonderen von Bedeutung? Was ist Präsenz (bezogen auf Körper, Material, Raum) und wie ist das Verhältnis zwischen Digitalität und Präsenz sinnvoll auszuloten?

Prof.in Dr.in Sara Hornäk
Dr.in Susanne Henning

Mitorganisation:
Maria Jörgens
Antonia Hermes
Viktoria Hoffmeier

für den BDK:
Elfi Alferman
Dr. Jörg Grütjen
Martin Wedler