Aktionsräume
Maximiliane Baumgartner

Im Vortrag wird der Ansatz des Aktionsraums als künstlerische, kunstpädagogische Methode,
didaktisches Handlungsgerüst und Forschungsansatz herangezogen. Hierbei soll der Fragestellung
nachgegangen, welche Chancen er für eine künstlerische Lehre und Lernraum an Kunstakademien
bietet, die sowohl angehende Kunstlehrer:innen und Kunstpädagog:innen als auch Bildende
Künstler:innen gemeinsam ausbilden möchte. Der in der Geschichte der Kunstakademien oft
postulierten Aussage „Kunst ist nicht lehrbar“ und der daraus resultierenden Konstruktion eines
„Künstlergenies“ wird darin aktiv begegnet. Angesichts der Dringlichkeit, gemeinsam an der kritischen
Befragung eines westlichen, eurozentrischen Kanons sowie an hegemoniekritischen Formen
künstlerischer und pädagogischer Praxis zu arbeiten, stellt sich die Frage, was vom Ansatz des
Aktionsraums vor dem Hintergrund intersektionaler Perspektiven gelernt werden kann. Welchen
Aktualisierungen bedarf es?
Künstlerische Aktionsräume und Action Settings bewegen sich, entgegen einer institutionellen
Trennung von künstlerischer Produktion, Präsentation und Vermittlung, an den Schnittstellen von
Kunst und Pädagogik und adressieren freie außerschulische sowie schulische Kontexte. Sie laden
zum Partizipieren ein und evozieren performative sowie künstlerisch forschende Handlungsformen. Ihr
Anspruch reicht von streng konzeptuellen Arrangements, bis hin zu ästhetischen Lern- und
Erfahrungsräumen, die medienübergreifende Praktiken involvieren und Strukturen gezielt mobilisieren.
Den Aktionsraum (und sein Setting) kennzeichnet, dass er situativ und temporär in einem
bestehenden sozialen oder auch institutionellen Gefüge errichtet wird und darin mit Mitteln der
Inszenierung und des Spiels einen eigenen Handlungsrahmen aufspannt. Dabei verhält er sich
dynamisch-bezugnehmend auf vorhandene Strukturen und Kontexte (räumliche Gegebenheiten,
Sozialraum Nachbarschaft, Infrastruktur, Einbindung der Presse als öffentlichem Sprachorgan, etc.).
Er besteht darauf, Formen der Teilhabe im urbanen „Realraum“ erfahrbar zu machen. Die Rolle der
Akteur:innen und Teilhabenden in den Aktionsräumen ist oftmals fließend. Sie reicht von
“Sorgetragenden” zu “Material-Expert:innen” hin zu “Lernenden” und “Anstifter:innen von Spiel” sowie
künstler:ischen Partner:innen.
Damit wird im Vortrag auf eine Methode geblickt, deren Grundideen auf die Bewegungen der Radical
Pedagogy der 1960er und 1970er Jahre zurückgehen und sich u.a. ehemals aus Protestbewegungen
und institutionskritischen Handlungspraxen heraus entwickelt haben, vergleiche z.B. die
Studierendenproteste an der Akademie der Bildenden Künste in München 1968, welche sich gegen
NS-Kontinuitäten im Lehrpersonal nach 1945 gewendet haben.
So soll sich ein Verständnis formen, das Resonanzräume über etablierte Kunst- und Bildungsräume
hinaus sucht und damit auch die eigenen Institutionen herausfordert. An seine Akteur:innen wendet
sich die Methode des Aktionsraums mit den konkreten Fragen: Welche Räume kann und soll Kunst
erreichen? Welche Bilder wollen wir produzieren, wenn wir sowohl die künstlerische als auch die kunstpädagogische Lehre der Arbeit an einem gemeinsamen kritischen Bildwissen verpflichtet sehen?
Maximiliane Baumgartner ist Bildende Künstlerin und Kunstpädagogin. In ihrem Interesse an
städtischen Kontexten und deren kritischen historischen Zusammenhängen sowie dem Begriff des
Öffentlichen darin, entwickelt sie künstlerische Aktionsräume und forschungsbezogene Werkserien im
Medium der Malerei. Dabei interessiert sie der Einsatz von Malerei als soziales Handlungsfeld. Ihre
Arbeiten zeigt sie sowohl in institutionellen Kontexten in Einzelausstellungen, so zum Beispiel im
Neuen Essener Kunstverein, im Kunstverein München und in der Stadtgalerie Bern, als auch im
urbanen Außenraum und selbstorganisierten Zusammenhängen. Sie initiierte das Kunstprojekt Der
Fahrende Raum für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und programmierte diesen in wechselnden
Aktionsräumen und Kollaborationen von 2015–2019 in München. 2023 realisierte sie im Auftrag von
Urbane Künste Ruhr / Ruhrding: Schlaf Das Sprechende Eck. Diese mobile Architektur für situierte
Wissensproduktionen und künstlerisch-forschende Handlungsformen wird sie in den kommenden
Jahren in wechselnden Kollaborationen und an je unterschiedlichen Orten bespielen. 2020 erschien in
Zusammenarbeit mit dem Neuen Essener Kunstverein und dem Kunstverein München die Publikation
Ich singe nicht für Bilder schöne Lieder zu ihrer Arbeit beim Verlag Motto Books. Seit
Sommersemester 2023 lehrt und forscht sie als Vertretungsprofessorin für Malerei an der
Kunstakademie Düsseldorf.