Dietmar Rübel

(HfBK Dresden)

„THINK WITH THE SENSES. FEEL WITH THE MIND“. SKULPTUR UND BERÜHRUNG

Die Oberfläche eines Kunstwerks galt lange Zeit als hoch geschätzter Speicher des sogenannten künstlerischen Schaffensprozesses. Dieser Wertschätzung liegen Authentizitätsvorstellungen zugrunde, welche – vor allem bei Skulpturen – die künstlerische Idee eng mit der ausführenden Hand verbinden. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde demgegenüber eine „Mechanofaktur“ neuer, zeitgemäßer Produktionsweisen gefordert. Allerdings verdanken sich die Oberflächen dieser „Maschinenästhetik“ bis heute häufig intensiver Handarbeit, die jedoch meist nicht diejenige der Künstler_innen ist. Andererseits garantiert auch die demonstrative Spur der Hand keineswegs die individuelle Arbeit der Künstler_innen. Von daher ist zu fragen, was die Oberflächen von Skulpturen kommunizieren beziehungsweise was sie aufwendig verschweigen. Dies soll anhand von unterschiedlichen Materialien und ihrer jeweiligen Bearbeitungsweisen dargestellt, entsprechende Praktiken und Verfahren erläutert sowie Auswirkungen auf die Konzeptualisierung künstlerischer Arbeit und Lehre erörtert werden. Zudem sollen diese produktionsästhetischen Überlegungen in Bezug auf eine haptische Wahrnehmung von plastischen Werken, insbesondere bei blinden Rezipient_innen, erweitert und kritisch befragt werden.


DIETMAR RÜBEL  Professor für Kunstgeschichte und -theorie der modernen und zeitgenössischen Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Zudem war er Gastkurator u. a. am Museum für Angewandte Kunst/Gegenwartskunst in Wien, an der Hamburger Kunsthalle, der Akademie der Künste zu Berlin und dem Albertinum sowie Grünen Gewölbe in Dresden. Zuletzt veröffentlichte er „Plastizität. Eine Kunstgeschichte des Veränderlichen“ (2012) sowie als Mitherausgeber das „Lexikon des künstlerischen Materials. Werkstoffe der modernen Kunst von Abfall bis Zinn“ (2010), „Sigmar Polke: We Petty Bourgeois! Comrades and Contemporaries. The 1970s“ (2011), „Mark Dion. Die Akademie der Dinge / The Academy of Things“ (2015), und „Hanne Darboven: Korrespondenz. Briefe/Letters 1967-1975“ (2016).